Da bin ich wieder, Deine Rosina. Du hast bisher schon einiges über mich und meine „Schwestern“ Molly und Lisa erfahren. Heute möchte ich die Vorstellungsrunde meines Rudels komplett machen und über Mia erzählen. Sie kam schon ein Jahr vor mir zu unseren Menschen. Ihr genaues Alter weiß keiner, da sie ein Fundtier war, und sie will es auch nicht verraten. Überhaupt will sie mit uns anderen nicht so viel zu tun haben.
Ich sag mal so: nicht nur farblich ist sie das genaue Gegenteil von uns anderen. Sie macht lieber ihr eigenes Ding, als mit uns zu spielen. Dafür ist sie unseren Menschen sehr zugeneigt und lässt sich stundenlang unter lautem Schnurren kraulen. Ein verwöhntes Schoßkätzchen. Aber das war nicht von Anfang an so – ganz im Gegenteil. Prinzipiell war sie bei Einzug schon zahm und zutraulich. Das konnte jedoch von einer Sekunde zur anderen kippen, auch ohne ersichtlichen Grund. Dann wurde sie extrem panisch, als wollte ihr jemand an den Kragen. Knurren, Kreischen, Fauchen, Kratzen! Sie mutierte regelrecht zu einem anderen Wesen. Wie bei Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Manchmal war eine kleine Bewegung oder ein Geräusch die Ursache, aber sehr häufig geschah das unvorhersehbar aus dem Nichts, selbst wenn Mia schlief. Keiner wusste Rat. Als hätten unsere Menschen unter den regelmäßigen Panikattacken nicht sowieso schon genug zu leiden, gesellte sich auch noch Unsauberkeit dazu. Immer wieder tauchten an verschiedenen Orten nasse Stellen auf. Zum Verzweifeln. Nun dämmerte ihnen allmählich, warum Mia vermutlich ausgesetzt wurde und auch nach einer vorherigen Vermittlung wieder abgegeben wurde. Ein scheinbar hoffnungsloser Fall.
Aber so leicht wollten meine Menschen sich nicht geschlagen geben. Sie machten immer häufiger die Beobachtung, dass die kleine Mia einen sehr unruhigen Schlaf hatte und mitunter beim Träumen sogar fauchte, ohne dabei aufzuwachen. Vermutlich versuchte sie auf diesem Wege ein traumatisches Erlebnis zu verarbeiten. Wir werden nie erfahren, was es war. Aber ab da war klar, was getan werden musste. Mia brauchte einfach nur sehr viel Zeit und eine große Portion Geduld, bis sie merkte, dass sie in Sicherheit ist und niemand ihr etwas Böses tun wird. Der Einsatz von Pheromonzerstäubern trug wesentlich zur Entspannung bei. Die unsauberen Stellen wurden gründlich gereinigt und ebenfalls mit einem Pheromonspray gegen weiteres Urinieren präpariert. Für diese Malheure wurde Mia natürlich auch niemals bestraft, allein um ihre Unsicherheit nicht noch weiter zu befeuern. Und siehe da, mit der Zeit fasste sie immer mehr Vertrauen, die Unsauberkeit ließ deutlich nach und verschwand schließlich ganz. Inzwischen ist Mia kaum wiederzuerkennen. Keiner, der sie anfangs gesehen hat, würde denken, das wäre dieselbe Katze. Und wahrscheinlich ist sie es auch nicht mehr. Sie hält zu uns anderen Katzen immer noch eher Abstand, aber die Distanz wird kontinuierlich kleiner. Ich persönlich bin ganz guter Dinge bei ihr.
Man könnte ja nach all meinen bisherigen Schilderungen meinen, unsere Menschen haben eine gewisse Neigung, sich gerade immer sogenannter „Problemkatzen“ anzunehmen. Aber dazu möchte ich mal eines loswerden: Die Probleme haben nicht wir Katzen, sondern nur die Menschen, die nicht unser wahres Ich erkennen können.
Aufgrund meiner Augenkrankheit wollte mich lange Zeit niemand adoptieren. Dabei ist alles halb so wild. Ich stehe trotzdem voll im Leben, kann alles machen und bin sogar die Chefin im Katzenrudel. Behindert? Also, ich nicht! Die kleine Molly, vermeintlich taub, kann mittlerweile jeden Pieps hören. Viele mögen (aus mir wirklich unerfindlichen Gründen) schwarze Katzen wie sie nicht. Bei der Tiervermittlung beinahe fast wie eine Behinderung. Aber seht ihn Euch an, den kleinen Panther! Molly ist doch wunderschön und überstrahlt mit ihrem fröhlichen Charakter alle anderen. Meine Lisa war bei der Vermittlung 10 Jahre alt, viel zu alt für die meisten Interessenten. Und dann? Hat sie noch 11 weitere Jahre draufgepackt. Das muss erstmal einer nachmachen. Und wenn sich selbst unsere nervöse Mia in eine normale, ausgeglichene Katze verwandeln konnte, dann muss doch jedem klar sein, „Problemkatzen“ gibt es überhaupt nicht. Bei der Wahl einer neuen Katze, sollte man vielleicht den Äußerlichkeiten und scheinbaren Unzulänglichkeiten nicht zu viel Beachtung schenken. Sie wirken sich oft weniger aus, als vorher befürchtet. Jede einzelne von uns Samtpfoten ist es Wert, ein schönes zu Hause zu bekommen und von unseren Menschen so geliebt zu werden, wie wir sind – und das werden wir.
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…einfach wundervoll und mir so aus der Seele gesprochen….meine Fünfe waren auch jeder ein Charakter für sich, aber wir waren immer eine Familie….
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Es tut gut zu hören, daß auch andere Menschen so denken und bei der Wahl eines Haustieres nicht allein nach Äußerlichkeiten gehen.
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Ihr schreibt wirklich wunderschön, aber zugleich informativ.
Vielen Dank für diese tolle Arbeit.
Der Newsletter ist rundum gelungen.
Herzliche Grüße
Ingrid mit ehem. SAMT-Kater Humphry und Jule
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Liebe Ingrid, es freut mich sehr, daß Dir mein Newsletter gefällt. Wenn Du mal ein spezielles Wunschthema hast, über das ich näher informieren soll, zögere bitte nicht, mir zu schreiben!
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Das ist wirklich eine schöne Geschichte mit Happy End.
Auch wenn es manchmal schwierig ist….niemals aufgeben.
Mit Geduld und Liebe kann man wirklich sehr viel erreichen und
verändert für diese Miezen ihr ganzes Leben.
Schön das es solche Menschen gibt !!
Ich freue mich immer auf jeden neuen Newsletter.
Ihr macht alle eine super Arbeit :))
gvlG Liane und natürlich
Rübe, Bonnie und Merlin :))
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Liebe Liane,
vielen Dank für Dein Lob. Das freut mich wirklich. Es gibt einen schönen Spruch, der sehr passend ist: „Ein einzelnes Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt verändert sich für dieses eine Tier!“
In diesem Sinne, Deine Rosina