Von Eva Volk/SAMT. Am 27. April lud der Arbeitskreis Tierschutz des Kreises Düren zu einer Diskussion zum Thema „AdopTiere – Haustiere vom Züchter oder aus dem Tierschutz?“. Rund zwei Dutzend interessierte Bürger erschienen, um sich zu informieren, als Referenten standen Robert Breuer vom Tierheim Düren, Claudia Hein vom Tierschutzverein SAMT und Ralf Unna, Tierarzt im Tierheim Köln-Zollstock und gleichzeitig stellvertretender Vorsitzender des Landestierschutzbundes, zur Verfügung.
Als Einstieg in den Abend wurde zunächst ein kurzer Film des TV-Magazins „Report Mainz“ mit dem Titel „Woher kommen die Tiere aus dem Laden?“ gezeigt. Themenschwerpunkt hier war der Kleintierhandel. Es zeigte sich eine erschreckende Diskrepanz zwischen den hellen und sauberen Schaufenstern der Händler und den Haltungsbedingungen von z.B. Kaninchen, Hamstern und Wellensittichen bei den Massenvermehrern dieser Tiere.
Es wurde sichtbar, dass die heimischen Tierbedarfshändler häufig nur Zwischenhändler sind und die Tiere in Wahrheit aus dem Ausland in großen Mengen importiert werden. Dort, wie auch bei inländischen Massenproduzenten, herrschen teilweise entsetzliche Zustände in der sogenannten Zucht. In winzigen Verschlägen oder Wannen sitzen viel zu viele Tiere, tote Tiere liegen neben noch lebenden, als Futter wird vergammeltes Brot gegeben, Wasser ist oftmals gar nicht vorhanden. Die traumatisierten Tiere, die diese Tortur überstehen, sitzen nachher im Schaufenster und werden von arglosen Kunden erworben, die glauben, ein neues Familienmitglied aus einer heimischen, kleinen und vor allem artgerechten Zucht zu erhalten.
Laut der Landestierschutzbeauftragten des Bundeslandes Baden-Württemberg ist oftmals die Grenze zur Strafbarkeit erreicht.
Konfrontiert mit filmischem Material der Tierschutzorganisation PETA zeigten sich die großen Tierbedarfshändler entsetzt und kündigten Konsequenzen an. So will zum Beispiel die Kette „Das Futterhaus“ zukünftig auf solche Händler verzichten. PETA fordert ein Eingreifen der Politik mittels einer Heimtierverordnung, um solche Zustände zu verhindern.
Das Publikum von AdopTiere war von dem filmischen Beitrag entsetzt.
Hier setzte nun der Bericht des Vorstandsmitgliedes des Tierheims Düren, Robert Breuer, ein. Zunächst machte er deutlich, dass die Produktionsbedingungen bei Hunden und Katzen häufig nicht anders sind. Man muss hier wirklich von Produktion sprechen, denn mit Zucht haben solche Zustände nichts zu tun. Es handelt sich um reine Massenvermehrung durch Tierproduzenten.
Robert Breuer erläuterte, dass jährlich ca. 300.000 Tiere in den Tierheimen landen. Unzählige weitere Tiere finden sich auf den Pflegestellen etlicher Tierschutzorganisationen. Dem Tierhandel kann nur der Nährboden entzogen werden, wenn Interessenten dort nach einem Tier Ausschau halten, anstatt um des Geldes willen im Internet oder im Ausland nach einem Tier zu suchen. Ganz zu schweigen davon, dass bei Tieren aus dem Ausland eine nicht zu unterschätzende Problematik hinsichtlich der vorgeschriebenen Tollwut-Impfung und diverser Krankheiten besteht.
Was hält nun Menschen davon ab ins Tierheim zu gehen? Zum einen heißt es oft, dort gebe es nicht die gewünschte Rasse, zum anderen bestehen häufig Vorbehalte bezüglich der Gesundheit und des Verhaltens („die sind doch alle krank und gestört“).
Genau das Gegenteil ist der Fall. Auch in Tierheimen sitzen unzählige Rassetiere, wenn es denn unbedingt eine spezielle Rasse sein muss. Außerdem sind z.B. 80 % der abgegebenen Hunde lediglich Opfer geänderter Lebensumstände. Von den verbleibenden 20 %, die angeblich Auffälligkeiten zeigen, erweisen sich wiederum 75 % als völlig normal, heißt, ihre „Probleme“ wurden nur herbeigedichtet, um eine Ausrede für die Abgabe zu haben.
Zudem ist, nachdem das Tier eine Weile im Tierheim war, der Gesundheitsstatus vollständig bekannt und wird auch in jedem Fall mitgeteilt. Weiterer Vorteil für Interessenten ist, dass das Tierheim definitiv keine finanziellen Interessen hat, im Gegensatz zu den Massenvermehrern. Das Tierheim erhebt lediglich eine Schutzgebühr.
Gesucht wird immer ein passendes Zuhause. Hierfür werden lange Gespräche geführt und ein ausführliches – und auch mehrmaliges – Kennenlernen von Tier und Mensch wird arrangiert. Dies ist beim Züchter zumeist nicht möglich.
Um auch noch ausstehende Behandlungen des Tieres garantieren zu können, sind manche Tierheime, wie z.B. das in Köln-Zollstock, mittlerweile dazu übergegangen, nicht sofort einen Kaufvertrag abzuschließen. Vielmehr schließen sie mit den Interessenten einen Leihvertrag mit Auflagen ab, z.B. Impfung, Kastration etc. Erst wenn die Erfüllung der Auflagen zum geforderten Zeitpunkt nachgewiesen wurde, wird der Leihvertrag in einen Kaufvertrag umgewandelt. Dies hat den Charme, dass das Tierheim bei Nichterfüllung problemlos das Tier zurückholen kann.
Im Anschluss an diesen Vortrag erläuterte das Vorstandsmitglied Claudia Hein anhand eines Power- Point- Vortrages, dass der Tierschutzverein SAMT e.V. sich speziell in der Verantwortung sieht, durch ausführliche Gespräche die passende Paarung von Mensch und Tier zu finden, ohne dabei finanzielle Interessen zu verfolgen. Da die Tiere von SAMT auf Pflegestellen untergebracht sind, haben Interessenten den direkten, meist auch dauerhaften Kontakt zum Tier und zu der Person, die das Tier am besten kennt. Auch hier wird mittels Vertrag und Schutzgebühr gearbeitet, jedes Tier wurde mindestens einmal beim Tierarzt gründlich durchgecheckt und, wenn notwendig, auch behandelt, was in der Regel die Entwurmung, Impfung und Kastration beinhaltet.
Claudia Hein verwies darauf, dass Tiere, die oft Schreckliches hinter sich haben, eine Chance bei der Vermittlung haben sollten. Auch SAMT wurde schon mit vielen Missständen konfrontiert, seien es Menschen, die mittels „Zucht“ einen schnellen Euro machen wollten oder „Animal Horder“, die unzählige Tiere unter unbeschreiblichen Bedingungen halten.
Insbesondere die Vermittlung von älteren Tieren an Senioren liegt SAMT sehr am Herzen, sowie die Einbindung sozialer Aspekte in die Vereinsarbeit. So werden z.B. Sozialhilfeempfänger bei Bedarf zum Tierarzt begleitet, ein Teil der Kosten übernommen und hinsichtlich einer artgerechten Haltung umfangreich beraten.
Mit etlichen Erfahrungsberichten konnte Claudia Hein verdeutlichen, warum Tierschutzarbeit unabdingbar ist. Die zum Teil nicht immer einfache Zusammenarbeit mit behördlichen Stellen wurde beleuchtet, aber auch eine Reihe von Gesetzen und deren Umsetzbarkeit sind nicht immer eine Hilfe beim Durchsetzen von Tierschutzaspekten. Neben erschreckenden Beispielen aus dem Alltag der Tierschützer gab es auch – zum Glück – über Happy-Ends zu berichten.
Abschließend vertrat Ralf Unna, Tierarzt im Tierheim Köln-Zollstock und Vizepräsident des Landestierschutzverbandes NRW, seine Position. Er unterstrich nochmals, dass im Regelfall Tierkauf via Internet oder Ausland sehr häufig mit Betrug synonym zu setzen ist, gerne auch unter dem Deckmantel des Tierschutzes („Sie müssen es retten, sonst wird es getötet!“).
So sind z.B. alle Hunde, die nach NRW importiert werden, selbst über gut gemeinte Patenschaften, in irgendeiner Form illegal. Für den Import von mehr als fünf Hunden wird beispielsweise eine entsprechende Genehmigung benötigt. Nicht nur, dass beim Alter der Tiere meist hemmungslos gelogen wird, oft sind die vorgeschriebenen Impfungen bei Auslandstieren nicht vorhanden, was zum Import von z.T. nicht heilbaren Krankheiten wie Leishmaniose führt, die auch auf den Menschen übertragbar sind. Die nachfolgenden Kosten beim heimischen Tierarzt können dann schnell beachtliche vierstellige Beträge erreichen. Trotz alledem endet das Ganze oftmals mit einer endlosen Krankheitsspirale oder gar mit dem Tod des Tieres.
Ralf Unna plädiert klar für den Gang zum Tierschutz, wenn ein neues Familienmitglied gesucht wird, da dort viel Wissen über die Tiere vorhanden ist, auch über Rassetiere und natürlich über spezielle Individuen im Besonderen. Dies ist beim Züchter längst nicht immer der Fall. Er verweist ebenfalls darauf, dass Tiere lebenslang lernen und sich somit auch ein Tier aus dem Tierschutz immer noch weiterentwickeln kann und so zum echten Partner wird. Für wen es von Interesse ist, der kann sogar ehemalige Versuchstiere im Tierschutz finden, die nur auf ein neues, glückliches Heim warten.
Wenn es denn unbedingt ein Tier vom Züchter sein soll, so sollte man sicherstellen, dass nur eine einzige Rasse gezüchtet wird. Außerdem sollte mit nicht mehr als drei Hündinnen gezüchtet werden. Interessant wäre auch, ob unter den Hündinnen ein älteres Tier ist. Ferner sollte der Deckrüde kennenzulernen sein.
Im Anschluss an die Vorträge schloss sich eine rege Diskussion der Teilnehmer an, in welcher Erfahrungen ausgetauscht und wertvolle Tipps zu einzelnen Tierschutzaspekten gegeben wurden.