Von Eva Volk/ SAMT e. V. Die erste Reaktion bei dem Begriff „Laborfleisch“ ist ein unwillkürliches Zurückzucken, klingt es doch zunächst einmal irgendwie „bäh“. Betrachtet man die Hintergründe etwas genauer, sieht das Ganze jedoch völlig anders aus.
Vielerorts wird die Diskussion pro und contra Fleischverzehr geführt. Zum einen werden gesundheitliche Aspekte erörtert, zum anderen die ethischen Implikationen hinsichtlich des „Verbrauchs“ von Tieren für unser aller Ernährung betrachtet. Welcher Ansicht auch immer man sich persönlich anschließen mag, Fakt ist, dass weiterhin ein Großteil der Weltbevölkerung Fleisch essen wird.
Nicht zuletzt leidet die Umwelt unter den derzeitigen Bedingungen der industriellen Fleischproduktion. Der Energie- und Wasseraufwand für die Produktion ist beängstigend hoch, Wälder verschwinden zugunsten von Viehweiden und Futteranbau und die hohen Methan- und Güllemengen haben extrem negative Auswirkungen auf Klima und Grundwasser. Ganz zu schweigen vom unendlichen Leid der Tiere, die unter erbärmlichen Bedingungen ihren Weg von der Geburt zum Tellergericht fristen.
Da die Weltbevölkerung rasant wächst, werden die Problem also immer gravierender und Alternativen dringend gesucht. Ein vielversprechender Ansatz ist das eingangs erwähnte Laborfleisch.
Dem Biowissenschaftler Dr. Mark Post von der niederländischen Universität Maastricht ist es gelungen, Fleisch aus Muskelstammzellen der Schultermuskulatur von Rindern – ohne diese zu töten – im Labor herzustellen. Die Zellen werden in einer nährstoffreichen und keimfreien Umgebung vermehrt, wie sie z.B. auch bei der Joghurtproduktion oder in Gemüsehydrokulturen herrscht. Die Herstellung in sterilen Labors minimiert das Risiko von Infektionen mit Bakterien, wie sie in der Intensivtierhaltung häufig der Fall sind. Medikamentenrückstände sind ebenfalls nicht zu befürchten. Somit könnte die zunehmende Resistenz von Bakterien gegen Antibiotika mittels Laborfleisch zurückgedrängt werden.
Weltweit leiden immer noch rund eine Milliarde Menschen an Unterernährung. Da für das Laborfleisch – auch In-Vitro-Fleisch genannt – keine Tiere gefüttert werden müssen, können die Getreidemengen, die bislang als Tierfutter dienten, zukünftig der menschlichen Ernährung dienen.
Erstmals wurde ein In-Vitro-Burger 2013 präsentiert. Damals zum stattlichen Preis von $ 250.000 pro Burger, wenn man alle Forschungskosten einrechnet. Bis 2015 war der Preis bereits auf 70 € pro Kilo gesunken. Die Verkostung des Burgers hat gezeigt, dass die Textur des Fleisches schon sehr gelungen war, aber das mangelnde Fett als Kritikpunkt gelten musste. Da Fett nun mal ein Geschmacksträger ist, wird nun daran geforscht, wie dem Burger-Fleisch Fett während des Produktionsprozesses hinzugefügt werden kann. Prognostiziert wird eine Marktreife für 2020.
Mittlerweile forschen mehrere Unternehmen zum selben Thema – also Hackfleisch aus dem Labor – aber auch zu deutlich schwierigeren Produkten wie Steak und Schnitzel. Andere Forscher befassen sich mit der In-Vitro-Vermehrung von Kollagen, welches der Hauptbestandteil der Haut ist. Ziel ist hier, Leder ohne Tierleid zu produzieren. Wieder andere forschen an Milch, die zu 100 % im Labor entsteht mittels Hefezellen und DNA von Rindern. Unter anderem könnte so laktosefreie Milch erzeugt werden. Und natürlich gäbe es auch keine „überflüssigen“ Kälber mehr.
Die Wissenschaft stellt sich den Herausforderungen unserer Zeit. Alternativen zum Verbrauch von Tieren sind in Arbeit. Bleibt zu hoffen, dass sie so schnell wie möglich zur Verfügung stehen.